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Deutsche Jugend- und Jahrgangs-Meisterschaften 2013

Wieder ist eine Regatta vom Wetter geprägt, wie schon all ihre Vorgängerinnen in dieser Saison, und überhaupt – das Wettkampfergebnis in Freiluftsportarten scheint immer weniger vom Trainingsstand, als vom Vermögen oder eben Unvermögen des Sportlers im Umgang mit den Wetterbedingungen abzuhängen. „Dann spiel doch Hallenhalma!“, pflegte mein Vater früher zu mir zu sagen, wenn ich mich über die Wetterverhältnisse aufregte. Vielleicht ist das bald wirklich der einzige Ausweg – traurig wär’s!

Aber eigentlich wollte ich über die deutschen Jugend- (U19) und Jahrgangsmeisterschaften U17 und U23 in Köln Ende Juni schreiben. Los ging’s für Sönke Schröter, Jannes Rosig, Nico Bechstein, Tom Hinck, Simon Grimm, mich und einer Busladung Küchenutensilien und Lebensmittel am Mittwochmittag bei etwas, was wir ohne Zweifel Hitze nennen durften. Nach etwa einer Stunde machte die Klimaanlage schlapp, und die Kühlbox pustete zusätzlich schöne warme Luft durch den Bus – wollten wir es nicht immer warm haben? So warm war jedenfalls auch nicht richtig, und so waren wir froh, als wir etwa viereinhalb Stunden später in Köln-Fühlingen ankamen. Schnell einen großen Platz unter einem großen Baum für unsere Pavillonstadt reserviert, und dann kamen auch schon MOK und Sören Dannhauer mit den beiden Hängern, auf denen auch die drei Pavillons mitgereist waren. Die waren dank des Faltmechanismus und einiger mehr oder weniger freiwillig helfender Hände schnell aufgebaut und wohnlich eingerichtet.

Für die Sportler ging es nach dem Aufriggern ein oder zwei Runden rudern, die Trainer fuhren nebenher oder erledigten organisatorische Dinge. Endlich im Hotel angekommen folgte erst einmal eine ausgiebige Dusche, um den Körper wieder etwas von den ungewohnten Temperaturen herunterzukühlen. Das stellte sich beim späteren Essengehen als Fehler heraus, man könnte auch sagen „zu früh gefreut“, denn im Restaurant war es so warm und stickig, dass man schon bei jeder Bewegung, die übers Atmen hinausging, zu ölen anfing. Bei heißer Pizza schwitzt es sich da auch gleich noch besser. Na ja, man kann ja später noch mal duschen…

Donnerstagmorgen führte uns der erste Weg zum Bäcker, um die vorbestellten 55 Brötchen für die gesamte Bremer Mannschaft einzuladen und zur Strecke zu bringen, wo gemeinschaftlich gefrühstückt wurde, da im Hotel gerade der Frühstücksraum renoviert und vom angebotenen Lunchpaket kein Ruderer satt wurde. Nach dem Mittag fand dann auch für uns der erste Vorlauf statt, so war es zumindest geplant. Drei Mal dürft ihr raten, wer uns einen Strich durch die Rechnung machte! Richtig, das Wetter! Ein Gewitter trieb sein Unwesen über dem Fühlinger See, und so wurden die Rennen erst nach einer zweistündigen Pause fortgesetzt. So schafften es auch Willy und Inge Debus, rechtzeitig zum Rennen da zu sein.

Nico traf dann im B-Einer im Vorlauf bereits auf einen der vier schnellsten Einerfahrer seines Rennens, doch auch sein zweiter Platz reichte für den direkten Einzug ins Halbfinale. Die direkte Halbfinalteilnahme sicherten sich auch Tom und Simon durch einen souveränen Vorlaufsieg im Zweier-ohne. Weniger erfolgreich waren Jannes und Nici im leichten Zweier-ohne. Der dritte Platz im Vorlauf hieß für die Zwei nachsitzen (oder die Chance nutzen) und sich über den morgigen Hoffnungslauf für das Finale zu qualifizieren.

Durch die Rennverschiebung fanden die Achtervorläufe von Tom und Simon erst um 21 Uhr am Abend statt, also schon fast bei Flutlicht. Verbannt in den 2. Nord-Ost-Achter nach dem „Achter-Debakel“ in Hamburg war die Wut und Enttäuschung bei allen Betroffenen im Boot, die durch stärkere Ergofahrer ersetzt worden waren, wie eben auch Tom und Simon, groß genug, um ein tolles Rennen zu bestreiten. Nur eine knappe Sekunde hinter dem 1. West-Achter fuhren die Jungs ins Ziel. Das bedeutete zwar, den Hoffnungslauf fahren zu müssen; sie waren aber schneller als alle Beteiligten erwartet hatten, und dieses Ergebnis ließ möglicherweise bei den zuständigen Trainern erste Zweifel an der Richtigkeit dieser Umbesetzung aufkommen. Freitag war für die Donnerstag erfolgreich weitergekommenen Sportler also nur Training angesagt. Mittags reisten auch Ann-Kathrin Weber und Wiebke Schütt an, die am folgenden Tag in zwei verschiedenen Doppelvierern in der U23-Klasse an den Start gehen würden. Für Jannes und Nici ging es nun im Hoffnungslauf um alles oder nichts, und der erneute dritte Platz qualifizierte sie recht deutlich für das A-Finale am Sonntag. Der Achter mit Tom und Simon lieferte sich hinter dem führenden Süd-Achter ein packendes Rennen mit einem reinen Hamburger Boot und hatte letztlich die Nase hauchdünn vorne. Auch dies war die Quali für das A-Finale am Sonntag.

Ach ja, das Wetter war am Freitag nichts Besonderes, seitlich einfallender, leicht böiger Wind und kühlere Temperaturen. Beim Italiener konnte man es an diesem Abend jedenfalls deutlich besser aushalten, und wir waren vor 22 Uhr im Hotel. Samstag, erster Finaltag. Doch erst einmal standen für uns zwei Halbfinals auf dem Programm. Bei immer stärker werdendem Seitenwind wurden im Laufe des Tages sogar die Bahnsetzungen geändert, um den Favoriten die besten Bahnen zu geben.

Nico hatte den Potsdamer Überflieger, der in Hamburg gewonnen hatte, in seinem Lauf sowie einen schnellen Hamburger. Der Rest war machbar. Bei 1000 Metern lag Nico dann allerdings für ihn selbst überraschend sogar vor dem Hamburger auf Rang 2, auch dieser war also durchaus kein unbesiegbarer Gegner. Im Ziel wurde es zwar dann doch der dritte Platz etwa eine Sekunde hinter dem Hamburger und sieben hinter dem Potsdamer, aber auch damit war das Ziel A-Finale erreicht. Etwas später lagen dann auch Tom und Simon im Zweier-ohne am Start. Die klare Zielsetzung A-Finale erfüllten die beiden mit Bravour und überruderten die Ziellinie als Zweite nur drei Sekunden hinter den Hamburger Top-Favoriten.

Fünf Boote lagen dann am Start zum Finale des Frauen-Doppelvierers B, zwei davon mit Hansa-Beteiligung: im einen Wiebke Schütt mit Jessica Liebe (Elmshorn), Paula Wesselmann (Flensburg) und Silke Janssen (Team Nord-West), im anderen Ann-Kathrin Weber mit Eleni Melis (BRV von 1882), Milena Heuer (Team Nord-West) und Nele Burgdorf (Hameln). Würde die Rechnung aufgehen und gegen zwei DRV-Boote und einen Juniorinnen-Vierer zumindest eine Medaille für uns Bremer herausspringen? Bis 1000 Meter waren beide Vierer zwar am Juniorinnen-Boot dran, aber danach mussten sie das Boot ziehen lassen. Platz vier im Ziel für Wiebkes Vierer, Platz fünf anderthalb Sekunden dahinter für das Boot von Ann-Kathrin. Nach dem Essen ging’s zurück ins Hotel, angenehm früh dieses Mal und endlich mal in Ruhe die Füße hochlegen…

Sonntagmorgen, Brötchen holen wie jeden Morgen, es war frisch draußen und es nieselte, super! Es blieb die Hoffnung, dass der Wind dadurch nachließ. Klappte aber nicht, na ja, das Wetter muss man eben nehmen wie es kommt – oder Hallenhalma spielen. Der Wind wurde bis mittags eher mehr als weniger, sturmartige Böen ließen uns immer wieder aufspringen und die eigentlich gut gesicherten Pavillons festhalten. Andere flogen bereits durch die Luft. Hin und wieder musste man sich eine Schicht mehr anziehen, aber ich weigerte mich standhaft, die kurze Hose gegen eine lange zu tauschen, es ist schließlich Sommer!

Um Mittag rum wurde es für uns erstmals spannend, Nicos Finale lag am Start. Er schien nicht richtig ins Rennen zu kommen, arbeitete sich dann vom sechsten auf den fünften Rang vor. Vor ihm lagen die vier vermeintlich schnellsten Einerfahrer der Saison. Vorne gab es ein spannendes Finish, hinten blieb für Nico der fünfte Rang bestehen, Saisonziel Finale erreicht, Wunschtraum Medaille leider verpasst, aber mach so weiter, Nico und greif‘ im nächsten Jahr wieder an!

Die berechtigte Hoffnung auf eine Medaille gab es nach einer super Saison auch bei Tom und Simon im Zweier-ohne. Lange waren sie dran an der Bronzemedaille, schließlich wurde es der undankbare vierte Platz. Schade, aber ihr habt super gekämpft, Jungs!

Bei den Leichtgewichten Jannes und Nici war die Erwartung nicht so hoch. Die Zielsetzung Finale war erreicht, alles Weitere wäre eine tolle Zugabe. Aber mehr wurde es nicht. Sie sagten nach dem Rennen selber, dass das ihr schlechtestes Rennen in dieser Saison gewesen sei, und so fuhren sie die gesamte Strecke über mit der roten Laterne bis über die Ziellinie. Aber sie haben noch ein Junior-Jahr vor sich, mal sehen wie es im nächsten aussieht.

Die Sonne zeigte sich, und mit Ann-Kathrin machte ich es mir am Ufer der Strecke in Zielnähe mehr oder weniger gemütlich. Mit der Zeit feuchtete der Hintern zwar etwas durch, aber wir hatten an diesem Wochenende schon Schlimmeres gemeistert, und während uns dazu noch MOK als personifizierter „Pommesnizer mit Mayo-Appeal“ verführte, war der Tag sowieso gerettet. In einer wilden Renngemeinschaft mit Deutschlands Süden versuchten nun die beiden Leichten ihr Glück im leichten Achter. Der Start war auch gar nicht schlecht, doch im Ziel war es ein doch recht deutlicher fünfter Platz für die Crew, die hier in Köln zum ersten Mal gemeinsam im Boot saß.

Im letzten Rennen der Regatta sollte es nun endlich zum direkten Show-down zwischen dem ersten und zweiten Nord-Ost-Achter kommen. Die übrigen Boote gerieten fast ein bisschen zur Nebensache. Gespannt stehen wir auf und schauen auf die Strecke. Von weitem sieht es gar nicht schlecht aus für unsere Jungs, aber die Perspektive verzerrt aus der Entfernung natürlich. Wir sehen einen packenden Schlussspurt, in dem sich tatsächlich der zweite Achter mit Tom und Simon hinter dem West- und dem Süd-Achter Bronze sichert! Der erste Nord-Ost-Achter kommt auf Rang vier ins Ziel. Noch bevor wir jubeln konnten, wurde der Obmann unseres Achters ins Ziel gerufen, das konnte nichts Gutes bedeuten. Zudem blieb das viertplatzierte Boot mit vor dem Siegersteg liegen. Kurz darauf kam die offizielle Durchsage, dass der Achter von Tom und Simon disqualifiziert worden sei.

Wir machten uns auf den Weg zum Ziel und erfuhren recht schnell, dass der Obmann eine Ummeldung nicht ordnungsgemäß angezeigt hatte, als er einen verletzten Sportler kurzfristig ersetzen musste.

Enttäuscht lag unser Achter vor dem Siegersteg, ebenso unzufrieden saß der erste Nord-Ost-Achter freudlos auf dem Steg. Die beiden erstplatzierten Achter drehten sich zu den Pechvögeln auf dem Wasser und applaudierten ihnen anerkennend und lange zu und würdigten auf sportlich fairste Art und Weise ihre Leistung, die durch einen dummen Fehler nun offiziell nichts wert war. In einer ebenso fairen Geste übergab später an Land die gesamte Mannschaft des ersten Nord-Ost-Achters ihre Medaillen an den zweiten Nord-Ost-Achter, der sich verständlicherweise zwar nicht wirklich darüber freuen konnte, aber es war die Geste, die zählte.

Lieber Tom, lieber Simon, ich sage es gerne noch einmal: Letztlich wart ihr die Sieger der Herzen, und auch wenn das Ergebnis nirgends offiziell auftaucht, so wissen wir alle, die wir dabei waren, an welcher Position ihr über die Ziellinie gegangen seid, und der Fehler eines Trainers, der euch eigentlich mannschaftstechnisch sogar zum Nachteil war, schmälert in keiner Weise eure Leistung! Und so gratulieren wir nicht zur Bronzemedaille, aber zur Überquerung der Ziellinie als drittes Boot.

Irgendwann später ging es dann für uns auch endlich nach Hause, mit dem großen Hänger zwar langsamer als uns lieb war, aber wir haben Bremen noch knapp vor 23 Uhr und fast im Hellen erreicht. Vielen Dank an dieser Stelle noch an unsere treuen Schlachtenbummler Inge Debus, Holger Hartmann und Angelika Bechstein, die den weiten Weg nach Köln nicht gescheut haben, und auch Ruth Born-Baumgärtner war da und hatte immer ein Auge auf die Rennen mit Hansa-Beteiligung – schön dich mal wieder gesehen zuhaben, Ruth!

Falls ich jemanden vergessen habe, nicht böse sein, der Wind hat’s mir wohl aus dem Hirn gepustet.

Der größte Dank aber geht an Willy und Sönke, die wieder viel Zeit, Kraft und Nerven investiert haben, um die Sportler zu dem zu formen, was sie jetzt sind.
Wiebke Liesenhoff

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